Schneeräumen Teil 1: Schneeräumpflicht alles was Sie wissen sollten

Schneeräumen Teil 1: Schneeräumpflicht alles was Sie wissen sollten

Es ist Ende November, die Temperaturen sinken und es geht auf den Winter zu. Vielleicht fielen in Ihrem Ort auch schon die ersten Schneeflocken herab. Bald werden unsere Wälder und Wiesen unter einer dicken Pulverdecke versteckt sein. Doch mit der weißen Pracht bringt der Winter auch viele lästige Aufgaben mit sich. Das Schneeschieben bedeutet für die meisten Hauseigentümer und für viele Mieter eine ganze Menge an Arbeit. Morgens nach dem Aufstehen muss erstmal die Einfahrt geräumt werden. Doch wo und wann muss überhaupt der Schnee beseitigt werden, welche Ausnahmen gibt es und wer haftet bei Personenschäden? Vielleicht kann Ihnen dieser Beitrag ein wenig Licht in die dunkle Jahreszeit bringen.

Verschneiter Weg im Wald

Wer ist dafür verantwortlich?

Generell ist zu sagen, dass die Gemeinden ihre Pflicht zum Schneeräumen der Fußwege an ihre Bürger übertragen. Zuständig für das Bereinigen der Bürgersteige sind dann die Grundstückseigentümer und Vermieter. Die Verkehrssicherungspflicht kommt hier zu tragen und zwingt den Eigentümer sein Grundstück und die daran angrenzenden öffentlichen Gehwege, eis- und schneefrei zu halten, damit ein Ausrutschen der Passanten verhindert werden kann.

Winterdienst auf Öffentlichen Straßen

Des Weiteren können Hauseigentümer ihre Pflichten diesbezüglich auch an Dritte übertragen. In größeren Mehrparteienhäusern übernimmt die Schneeräumung meistens ein gewerblicher Winterdienst oder der Hausmeister. Diese Aufgabe kann aber auch auf die Mieter abgeladen werden. Allerdings können sie nur dann herangezogen werden, wenn dies wirksam im Mietvertrag hinterlegt wurde. Wenn die Hausordnung ein Bestandteil des Mietvertrages ist, kann auch dort die Pflicht an die Mieter weitergegeben werden. Unzulässig ist es jedoch, wenn für die Räumpflicht nur bestimmte Hausbewohner verantwortlich gemacht werden. Legt der Vermieter im Vertrag Beispielsweise fest, dass nur Personen aus dem Erdgeschoss für diese Aufgabe verpflichtet sind, so handelt es sich hierbei laut dem Amtsgerichts Köln (AZ: 221 C 170/11) um eine „unangemessene Benachteiligung“. Deshalb ist eine solche Klausel auf jeden Fall unwirksam.

Was viele nicht wissen, ist dass der Hausbesitzer bei der Übertragung der Räum- und Streupflicht Beschränkungen unterliegt. So müssen gebrechliche Senioren ihren Winterdienst nicht immer nachkommen. Eine 80 jährige Mieterin hatte in Hamburg Altona geklagt, da sie aus gesundheitlichen Gründen dieser Aufgabe nicht mehr gewachsen war und deswegen von dieser Pflicht befreit werden wollte. Das Urteil (AZ: 318A C 146/06) des Amtsgerichts Hamburg fiel positiv für die Rentnerin aus. Wenn der Mieter aus gesundheitlichen Gründen diese Arbeiten nicht mehr wahrnehmen kann und weder private noch gewerbliche Dritte zur Übernahme der Arbeiten zu finden sind, besteht keine Pflicht zum Winterdienst.

Straße im Winter mit Schnee

Grundsätzlich gilt außerdem, dass der Vermieter als Eigentümer nie ganz von seinen Diensten befreit werden kann. Er muss kontrollieren ob die Mieter der Räum- und Streupflicht ordnungsgemäß nachgehen und sie gegebenenfalls abmahnen, falls sie das nicht tun. Denn wenn der Hausbesitzer dieser Prüftpflicht nicht nachkommt,  kann er bei einem Unfall schadensersatzpflichtig gemacht werden.

Falls Sie zur Miete wohnen und auf Nummer sicher gehen wollen, wenn Sie sich Ihren Pflichten nicht ganz bewusst sind, hilft ein Blick in Ihre Mietvereinbarung. Dort muss genau geregelt sein, wer den Winterdienst für das Gebäude vornimmt. Falls diesbezüglich nichts im Vertrag hinterlegt ist, so muss die Arbeit vom Hauseigentümer übernommen werden.   

Schneeräumen ist nichts für Schlafmützen.

Die genauen Zeiten sind in den Gemeinden unterschiedlich geregelt, ausführliche Informationen können Sie sich gern in den Ortssatzungen der Städte und Gemeinden einholen. Häufig spricht man aber in den Kommunen von einem Zeitraum von 7.00 Uhr morgens bis 20.00 Uhr abends und an Sonn- und Feiertagen ein bis zwei Stunden später. In diesen Zeiten muss der ans Grundstück angrenzende Gehweg und Zugang zum Hauseingang geräumt werden. Bei anhaltenden Schneefall ist es sogar oft notwendig, mehrmals am Tag den Schnee zu beseitigen. Das bedeutet also, dass selbst am Wochenende in aller Früh aufgestanden werden muss, um die Arbeit rechtzeitig zu erledigen.

Was muss alles von Schnee- und Eis befreit werden?

Vom Winterdienst auf öffentlichen Straßen ist der Anlieger befreit, denn das ist generell eine Aufgabe der Gemeinde. Aber wenn ein Gehweg an Ihr Grundstück anschließt muss dieser mindestens in einer Breite von 1,20 bis 1,50 Metern frei gelegt werden, sodass zwei Fußgänger bequem aneinander vorbeilaufen können. Anders jedoch verhält es sich im Innenbereich von Großstädten. Wegen des hohen Publikumsverkehrs muss regelmäßig der gesamte Gehweg geräumt und gestreut werden. Falls die angrenzende Straße an Ihrem Vorgarten keine Bürgersteige besitzt,  muss der Winterdienst entlang des Grundstücks durchgeführt werden. Außerdem sollten Sie steht’s darauf achten, dass Ihre Einfahrt für Besuch oder die Post passierbar ist. Für Wege zu Mülltonnen oder Parkplätzen genügt schon ein kleiner Pfad von ungefähr einem halben Meter in der Breite.

Fußweg der vereist ist

Ähnlich wie bei Gehwegen müssen auch die Fußgängerzonen passierbar sein. Der Eigentümer, welcher mit seinem Grundstück an eine solche Zone angrenzt, verpflichtet sich entlang der Grundstücksgrenzen Gehbahnen für die Passanten in einer Breite von mindestens 2 Meter von Schnee freizuhalten.

Stärkere Belastungen des Anliegers sind hinzunehmen wenn sich unmittelbar neben dem Grundstück eine Haltestelle befindet. Denn hier muss die Haltestelle weitgehend geräumt werden, ein kleiner Streifen genügt in diesem Falle nicht. Denn es handelt sich um einen Haltepunkt im öffentlichen Verkehrsraum. So müsse der Bürgersteig bis am Rande der Fahrbahn bestreut und von Schnee befreit werden. Schließlich kann gerade beim Ein- und Austeigen die Glätte an den Haltestellen gefährlich werden.

Doch nur allein mit dem Schneeräumen ist es nicht getan. Es gibt noch weitere Pflichten die im Winter zusätzlich zu beachten sind. Es sollte natürlich auch kein Schnee oder Eis vom Dach fallen. Bei unseren Recherchen sind wir auf zahlreiche Urteile zu Dachlawinen gestoßen. Einerseits werden Hausbesitzer verurteilt weil sie ihrer Verkehrssicherheitspflicht nicht nachgekommen sind, andererseits werden Fahrzeugbesitzer mit dem Hinweis abgewiesen, da diese letztendlich den Parkplatz ihres Autos selbst wählen konnten.  Vorsicht ist auf jeden Fall besser als Nachsicht, wenn kein Schnee vom Dach fallen kann, muss man sich später auch nicht mit eventuellen Schäden anderer herumärgern.

Welches Streugut kann verwendet werden?

Die Wahl des richtigen Hilfsmittels ist oft schon die halbe Miete. Grundsätzlich sollten die Flächen vorher mit einer Schaufel oder Besen vom gröbsten Schnee befreit werden. Falls ein sicheres Gehen oder Befahren trotzdem nicht möglich sein sollte, können verschiedene Methoden zum Einsatz kommen. Für die Beseitigung der Glätte ist es ratsam, vorwiegend Splitt, Sand oder Granulat zu verwenden.

Salz zum streuen

Auftaumittel, also nicht nur Salze, sollen auf dem Bürgersteig der Umwelt zuliebe prinzipiell unterlassen werden. Nur in absoluten Ausnahmefällen wie Blitzeis, sowie auf Treppen, Rampen, bei abschüssigem Gelände und ähnlichen Gefahrenquellen dürfen diese Hilfsstoffe verwendet werden. Wenn man also aus Witterungsbedingten Gründen zum Salz greifen muss, sollte sehr sparsam damit umgegangen werden. Empfehlenswerte, salzfreie Streumittel sind häufig mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel” ausgezeichnet.

Was ist bei der Räumpflicht verhältnismäßig?

Egal von wem die Verkehrssicherungspflicht übernommen wird, unterliegt sie immer dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg (AZ: 5 U 86/06) besteht die Räumpflicht nicht während anhaltender Schneefälle und ist auch nicht unmittelbar danach verpflichtet, die Wege frei zu machen. Man dürfte demnach eine halbe Stunde abwarten, ob noch weiterer Schnee fallen wird.

Kräftiger Schneefall

Da allerdings Gerichtsurteile immer auf Einzelbeschlüsse der Richter beruhen, wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit immer unterschiedlich bewertet. Eine einheitliche Rechtsprechung hierzu gibt es leider nicht. So urteilte zum Beispiel das Oberlandesgericht Saarbrücken (AZ: 1 U 630/98), dass auch bei anhaltendem Eisregen die Streupflicht für den Hauseigentümer bestehen bleibt, wenn dadurch die Gefahr des Ausrutschens verringert werden kann.

Aus diesem Grund sollte man immer die Gefahrenquelle einschätzen, ist das Risiko zum Beispiel bei Eisböden groß,  sodass vielleicht ein Fußgänger ausrutschen könnte, sollte dagegen gehandelt werden. 

Wie verhält sich die Schneeräumpflicht für Gewerbetreibende?

Zuerst kommt es darauf an, ob man Mieter oder Eigentümer des Gebäudes ist. In beiden Fällen verhält es sich ähnlich wie bei den oben genannten Privathaushalten. Ist man Hausbesitzer so steht das Unternehmen in der Pflicht für die Sicherheit zu sorgen. Sind die Gewerberäume allerdings nur vermietet, kommt es darauf an ob der Winterdienst fester Bestandteil des Mietvertrages ist.

Wenn es nun zu Ihrer Aufgabe gehört, für die Verkehrssicherung in Ihrem Betrieb zu sorgen, gibt es einige Dinge zu beachten. Gehwege, Fußgängerzonen und Haltestellen die an das Grundstück angrenzen, müssen ebenfalls von Gewerbetreibenden von Schnee befreit werden. Zusätzlich sind Sie dazu verpflichtet, Parkplätze, Zufahrten zum Beispiel für den Lieferverkehr und Zuwege für Personal sowie Kunden frei zu räumen. Diese sollten gefahrenlos begeh und befahrbar sein. Denn wenn zum Beispiel ein Mitarbeiter auf dem Firmengelände stürzt und sich dabei verletzt, fällt nicht nur eine Arbeitskraft aus, sondern dieser Angestellte kann auch Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen.

Fußabdrücke im Schnee

Um Unfälle zu vermeiden können Sie vorab Ihre Mitarbeiter auf die heiklen Stellen und das richtige Verhalten auf dem Betriebsgelände informieren. Bekannte Gefahrenstellen können auch durch entsprechende Hinweisschilder entschärft werden und sorgen für erhöhte Aufmerksamkeit, allerdings entziehen Sie sich dadurch nicht vollständig aus der Verkehrssicherungspflicht.

Auch wenn die Anforderungen oft höher als im Privaten Bereich sind, gelten die gleichen Zeiten für die Räumung. Außerdem kann der Gewerbetreibende die Winterarbeiten auch an einen Dienstleister übertragen, muss allerdings sicherstellen, dass auch alles ordnungsgemäß ausgeführt wird.   

Wer haftet bei einem Unfall?

Gerade bei Schnee und Glätte kommt es schnell zu Unglücken. Stürzt ein Passant kann das schwere Folgen haben. Auch ein Hinweisschild wie „Privatweg- Betreten auf eigene Gefahr“ entbindet niemanden von der Verkehrssicherungspflicht. Es weist den Fußgänger allerdings darauf hin besonders vorsichtig den Weg zu passieren, was im Schadensfall vor Gericht letztendlich wichtig sein könnte, da es um das Mitverschulden des Geschädigten geht.

Passant gestürzt im Schnee

Falls es allerdings durch die Verletzung der Räum- und Streupflicht zu einem Unfall kommt, hat der Verunglückte einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadenersatz. Je nach Fahrlässigkeit hat der betroffene Eigentümer oder Hausbewohner auch mit strafrechtlichen Konsequenzen zum Beispiel wegen fahrlässiger Köperverletzung zu rechnen. Wenn der Mieter zum Winterdienst verpflichtet war, hilft im Schadensfall eine private Haftpflichtversicherung. Kommt der Vermieter seinen Verpflichtungen nicht nach, Eis und Schnee zu räumen, tritt die Haus- und Gebäudeversicherung dafür ein.

Muss man trotz Abwesenheit dennoch Schnee räumen?

Wer glaubt, dass ein Urlaub einen von der Verkehrssicherungspflicht erlöst, kann ganz schnell in ein Fettnäpfchen treten. Denn da sind sich die Gerichte einig. Wer in den Skiurlaub fährt, ist nicht automatisch von der Räum- und Streupflicht befreit sondern muss für den gesamten Zeitraum eine Vertretung finden, die einspringen kann, falls Schnee fällt.

Dasselbe gilt allerdings auch, wenn man kurzzeitig Krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, den Winterdienst zu verrichten. Ist es jedoch unmöglich jemanden zu finden der diese Tätigkeit übernimmt, können in Einzelfällen Ausnahmereglungen getroffen werden.

Wir hoffen Sie konnten dank unseres Berichts Ihre Kenntnisse zu dem Thema Streu- und Räumpflicht ein wenig erweitern. In zwei Wochen berichten wir über die einzelnen Räumungsarten wie zum Beispiel das richtige Schneeschippen oder den fachgemäßen Umgang mit einer Schneefräse. Sie können gespannt sein.

Bis zum nächsten Mal.
Ihr DENQBAR Team


Veröffentlicht: 27.11.2015

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